Die Entlassung eines Arbeitnehmers, der sich in Verhandlungen über eine Übernahme des Betriebs befand, ist nicht missbräuchlich, wenn der tatsächliche Kündigungsgrund in der Betriebsübernahme durch Konkurrenten lag, wobei die Arbeitgeberin vorbrachte, die Entlassung des Arbeitnehmers erfolge aufgrund von wirtschaftlichen Umständen bzw. Schwierigkeiten. Diese beiden Gründe, die sich gegenseitig nicht ausschliessen, lassen – gleichgültig ob sie isoliert oder gemeinsam betrachtet werden – nicht den Schluss zu, die Arbeitgeberin habe dem Arbeitnehmer missbräuchlich gekündigt: Die Übernahme von Unternehmensanteilen kann zu einem Strategiewechsel und damit zu Entlassungen führen, was keinen Vorwand darstellt. Dass der ursprüngliche Inhaber im Rahmen der Übernahmeverhandlungen nicht preisgab, dass noch andere Interessenten vorhanden waren, macht – unabhängig von einer dadurch allenfalls begangenen Pflichtverletzung – die Entlassung nicht missbräuchlich. Hinzu kommt, dass der Arbeitnehmer weniger als zweieinhalb Jahre angestellt war und plante, mit seiner Frau eine neue Bäckerei zu eröffnen, ein Projekt, das er schliesslich auch verwirklichte. Gemäss dem Bundesgericht gibt es unter diesen Umständen nichts, was auf ein offensichtliches Missverhältnis der Interessen hindeutet.
Art. 336 OR
(BGer, 6.11.2023 {4A_501/2022}, ARV 2024, S. 54)